Realpolitik zur Schadensbegrenzung

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Letzte Woche hat der Bundesrat seinen indirekten Gegenvorschlag zur so genannten „Fair-Preis-Initiative“ in die Vernehmlassung geschickt. Sowohl die Fair-Preis-Initiative als auch der Vorschlag des Bundesrats wollen etwas gegen die „Hochpreisinsel Schweiz“ tun. Beide werden ausser hohen Kosten nichts bewirken. Der Bundesrat gibt das auf Seite 22 des Erläuternden Berichts immerhin zu: „Auch wenn die Endpreise von gewissen Produkten durch die neue Regelung sinken könnten, wird durch die begrenzte Anzahl an betroffenen Produkten nur eine minime bis gar keine Breitenwirkung auf das Preisniveau feststellbar sein.

Bei beiden Vorschlägen steht das Konzept der relativen Marktmacht im Zentrum. Relativ marktmächtig ist ein Unternehmen, wenn andere Unternehmen bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung derart von ihm abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen. Was ausreichend und zumutbar ist, wird nirgends definiert. Der Bundesrat meint dazu, dass eine Abhängigkeit nur dann vorliegen kann, wenn sich ein Unternehmen nicht selbst in diese Situation hereinmanövriert hat (S. 13 des Erläuternden Berichts). Gut so, denn ansonsten würde die Bestimmung zu einer Versicherung gegen Verträge, welche sich im Nachhinein als ungünstig erweisen. Wer sich vertraglich bindet, begibt sich in Abhängigkeit. Später zu behaupten, man sei sich der Folgen des Vertrags nicht bewusst gewesen, geht im Geschäftsleben gar nicht.

Die „relative Marktmacht“ kennen auch Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Griechenland, Tschechien, Japan, Korea und wohl noch weitere Ländern. Auch in den USA gibt es vergleichbare Bestimmungen (den Robinson Patman Act). Wie der Bundesrat in Fussnote 27 im Erläuternden Bericht schreibt, haben Untersuchungen ergeben, dass die Regulierung den Wettbewerb schwächt und letztlich zu höheren Preisen für die Konsumentinnen und Konsumenten führt. Der Bundesrat tut deshalb gut daran, ausschliesslich auf Abschottungen des Schweizer Markts zu zielen, um damit die negativen Auswirkungen möglichst zu minimieren (demgegenüber erfasst die Fair-Preis-Initiative auch Inlandsachverhalte).

Wie die Fair-Preis-Initiative dürfte aber auch der Vorschlag des Bundesrats im Ausland nur schwer und mit grossem Aufwand zu vollziehen sein. Vorab wäre freilich in jedem Fall nachzuweisen, dass eine Lieferverweigerung vorliegt, dass die fraglichen Güter mit jenen in der Schweiz vergleichbar sind, dass die Nachfrager keine ausreichenden und zumutbaren Ausweichmöglichkeiten haben, dass diese Güter nicht zu vergleichbaren Preisen in der Schweiz erworben werden können und dass die Preisdifferenzen nicht gerechtfertigt sind. Ein Bürokratiemonster also.

Wird zudem bedacht, dass die – potenziell zu regulierten Bedingungen zur Lieferung gezwungenen – Unternehmen Ausweichmassnahmen wie Produktdifferenzierung und Standortverlagerung ergreifen könnten und dass ein Belieferungszwang letztlich zu einer Preisregulierung führen müsste, dann wird es auch nach Umsetzung des indirekten Gegenvorschlags heissen: „ausser Spesen nichts gewesen“.

All das weiss der Bundesrat (bzw. das Seco). Also Realpolitik zur Schadensbegrenzung?

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