Einführung
Der Bundesrat hat die Teilrevision des KG vom 24. November 2021 bis zum 11. März 2022 in die Vernehmlassung gegeben. Zurzeit wertet er deren Ergebnisse aus und wird dann über das weitere Vorgehen befinden. (Vgl. SECO.)
Das Kernelement der Teilrevision bildet die Modernisierung der schweizerischen Zusammenschlusskontrolle. Durch den Wechsel vom heutigen qualifizierten Marktbeherrschungstest zum Significant Impediment to Effective Competition-Test (SIEC-Test) wird der Prüfstandard der Schweiz der internationalen Praxis angepasst.
Neben der Modernisierung der Zusammenschlusskontrolle sollen die vorgeschlagenen Elemente der Vernehmlassungsvorlage auch das Kartellzivilrecht und das Widerspruchsverfahren verbessern.
Schliesslich enthält die Vernehmlassungsvorlage auch Umsetzungsvorschläge für die Forderungen der
- Motion 16.4094 Fournier «Verbesserung der Situation der KMU in Wettbewerbsverfahren» und der Motion 18.4282 Français «Die Kartellgesetzrevision muss sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien berücksichtigen, um die Unzulässigkeit einer Wettbewerbsabrede zu beurteilen».
- Vernehmlassungsvorlage KG (PDF, 418 kB, 24.11.2021)
- Erläuternder Bericht (PDF, 739 kB, 24.11.2021)
- Eingaben der Vernehmlassungsteilnehmer
Die offizielle Auswertung der Vernehmlassung des Bundes ist noch nicht verfügbar. Hingegen hat economiesuisse eine Auswertung des folgenden Titels publiziert:
Weitere Hinweise
Motion Wicki
Mit Zustimmung am 15. Dezember 2021 im Ständerat und am 9. Juni 2022 im Nationalrat hat das Parlament (nach der Vernehmlassung) die Motion 21.4189 Wicki „Untersuchungsgrundsatz wahren. Keine Beweislastumkehr im Kartellgesetz“ angenommen. Dies kann als Bestreben der Parlamentsmehrheit verstanden werden, den Forderungen der Motion Français mehr Gewicht zu verleihen. Mit seinen Entscheiden GABA/Elmex (BGE Gaba/Elmex 2C_180/2014 vom 28. Juni 2016) und – neuerdings – DCC-Six (BGE 2C_596/2019 vom 2. November 2022) hat das Bundesgericht einen formalistischen Ansatz gefestigt, nach welchem gewisse Tatbestände (Abreden oder Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen) nach rein formalen/qualitativen Kriterien verboten und gebüsst werden – also ohne Prüfung und Nachweis ihrer schädlichen Auswirkungen. Die Motionen fordern, dass diese Praxis im Rahmen der Teilrevision des KG korrigiert wird. Dagegen scheint es starken Widerstand der Behörden zu geben.
Bestrebungen zu einer Behördenreorganisation
Es wird seit langem kritisiert, dass Instruktion und Entscheid in der ersten Instanz des Verwaltungsverfahrens (WEKO) rechtsstaatlich ungenügend getrennt seien. Die Entscheidbehörde WEKO und die Instruktionsbehörde (das WEKO-Sekretariat) bilden in der Tat faktisch eine Einheit und wirken als Untersuchungsrichter, Staatsanwälte und Richter in einer Instanz. Parallel zu den Reformarbeiten sind offenbar politische Bestrebungen im Gange, eine Korrektur der Behördenorganisation in die Teilrevsion des KG einzubringen, was wiederum auf erhebliche Gegenwehr der Behörden zu stossen scheint.
Einiges deutet darauf hin dass eine Behördenreorganisation nicht in die Revision aufgenommen, sondern (erneut) auf die lange Bank geschoben wird. Vielleicht mit der Vorlage der bundesrätlichen Botschaft, vielleicht erst bei den Diskussionen in den Räten werden wir in diesem Aspekt weiter sehen. Der Bundesrat scheint zu fürchten, mit einer Behördenreorganisation könnte das Revisionsfuder noch einmal – wie schon bei der gescheiterten Revision 2014 – überladen werden.
Weitere Informationen und Materialien werden folgen, sobald in den Revisionsarbeiten weitere Schritte erfolgt sind.