Der SIEC-Test und die Medienkonzentration

Eben hat die WEKO zwei Zusammenschlüsse im Mediensektor freigegeben, nämlich die Zusammenschlüsse AZ Medien/NZZ und Tamedia/Goldbach.

Dabei weist die WEKO darauf hin, dass es zwar durchaus Anhaltspunkte für die Begründung oder Verstärkung von marktbeherrschenden Stellungen gegeben hätte, aber eine Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs sei nicht zu erwarten. „Damit sind die hohen vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung angesetzten Hürden (Möglichkeit der Beseitigung des Wettbewerbs) für eine Intervention der WEKO nicht gegeben.

Die WEKO spricht sich bekanntlich für die Einführung des so genannten SIEC-Tests in der Zusammenschlusskontrolle aus. Der SIEC-Test würde die heute hohen Hürden für eine Intervention der WEKO senken. Es bräuchte dann weder die Möglichkeit zur Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs noch die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nachgewiesen zu werden. Für einen Eingriff genügen würde bereits der Nachweis einer erheblichen Behinderung des Wettbewerbs.

Zum einen wären Kontroversen über den Begriff „erheblich“ nach Einführung des SIEC-Tests geradezu vorprogrammiert, nachdem dieser Begriff bereits im Rahmen der Bestimmungen zu den Wettbewerbsabreden für jahrelange Diskussionen gesorgt hat. Zum andern fragt sich, ob die heute bestehenden hohen Interventionshürden nicht doch bessere Resultate als der SIEC-Test liefern. Zwar mag der SIEC-Test aus theoretischer Warte richtig sein. Was aber theoretisch richtig ist, wird in der Praxis nicht zwingend auch richtig umgesetzt werden.

Vielleicht bieten die eben entschiedenen Medienzusammenschlüsse etwas Anschauungsmaterial. Dem Presserohstoff lässt sich entnehmen, dass die WEKO den Zusammenschluss AZ Medien/NZZ eventuell untersagt, zumindest aber nur mit Bedingungen und Auflagen zugelassen hätte, hätte sie bereits heute den SIEC-Test anwenden können. Klar ist indessen auch, dass die Medienlandschaft in einer Phase grosser Umwälzungen steckt. Gerade die Printmedien sehen sich vor grössten Herausforderungen und Konsolidierungszwängen. Ein teilweise veröffentlichtes Parteigutachten lässt zudem Zweifel an den von der WEKO geäusserten wettbewerbsrechtlichen Bedenken gegen den Zusammenschluss aufkommen. Wären angesichts dieser Sachlage Eingriffe der WEKO in gegebenenfalls über hundert, teilweise (Mikro)Märkte wie den Zeitschriften-Werbemarkt im Bereich Gebäudetechnik tatsächlich zu rechtfertigen?

Der SIEC-Test senkt die Interventionsschwelle und erhöht damit die Gefahr ungerechtfertigter Eingriffe. Mit dem aktuellen Test besteht dagegen das Risiko, dass eigentlich notwendige Eingriffe unterbleiben. Ein Nachweis, dass der aktuelle Test tatsächlich zu Fehlentwicklungen geführt hätte, fehlt allerdings nach wie vor. Warum also zu einem Test wechseln, dessen Risiken bereits gut erkennbar sind?

 


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