„En effet, en raison de la durée de vie des appareils, de la fréquence des réparations, de l’importance des coûts de réparation et de la transparence pourvue par les détaillants, il n’est pas dans l’intérêt de Minolta de se comporter de manière « abusive » dans l’offre de services après-vente, car elle risquerait d’être sanctionnée par une diminution des ventes de ses appareils au profit des autres marques.“ (RPW 1999/2, S. 253, Rz. 32).
Der „service après-vente“ wirkt sich bei Fotoapparten also derart auf das Markenimage aus, dass er von einem potenziellen Kunden bereits bei der Kaufentscheidung für den Fotoapparat berücksichtigt wird. Also schloss die WEKO auf einen relevanten Markt, welcher sowohl Fotoapparate als auch Reparaturen für Fotoapparate umfasst. Einen so genannten Systemmarkt.
In der eben abgeschlossenen Vorabklärung „Service après vente“ (SAV) hatte das Sekretariat der WEKO zu beurteilen, ob es zu rechtfertigen sei, dass SAV für bestimmte Uhrenmarken nur durch ausgewählte Uhrmacherinnen und Uhrmacher vorgenommen werden können, weil andere Uhrmacherinnen und Uhrmacher nicht mit den erforderlichen Ersatzteilen beliefert werden. Bei der Prüfung dieser Frage ging das Sekretariat von einem Primärmarkt für Uhren und einem nachgelagerten Sekundärmarkt für SAV aus, also nicht von einem Systemmarkt, welcher Uhren und SAV umfassen würde. Das Sekretariat erachtete die Rückwirkungen aus dem Sekundärmarkt auf den Primärmarkt also nicht für massgebend, ansonsten es von einem Systemmarkt hätte ausgehen müssen.
Danach meint das Sekretariats allerdings (auf Seite 4f. der Zusammenfassung des Schlussberichts), dass die entsprechenden selektiven Vertriebssysteme sich rechtfertigen, weil notwendig sein könnten, um „die Produkte (SAV-Dienstleistungen) bzw. Produktionsverfahren zu verbessern resp. die Qualität des SAV auf einem bestimmten (hohen) Niveau aufrecht zu erhalten.“ Warum eigentlich, wenn die SAV – wie aus der Marktabgrenzung des Sekretariats zu schliessen – keinen Einfluss auf den Uhrenverkauf hat, sollten sich die Uhrenhersteller die Mühe machen, sich um eine gute SAV zu kümmern? Wenn die SAV keinen Einfluss auf den Uhrenverkauf hat, dann würden sich die Uhrenhersteller ja nur unnötige Kosten aufbürden, wenn sie sich um die Qualität der SAV kümmern würden.
Aus einem Urteil des EuGH, welches für den Einstellungsentscheid des WEKO-Sekretariats wesentlich war, geht indes hervor, dass solche Rückwirkungen sehr wohl existieren. Das Gericht stützt darin (Rz. 60) die Position der EU-Kommission, wonach „(…) ces systèmes soient justifiés par (…) la nécessité de prendre en compte le développement de la complexité des modèles de montres de prestige, la préservation de l’image de marque, le maintien de services de réparation d’une qualité élevée et uniforme et la prévention de la contrefaçon.“ Die SAV hat gemäss EuGH also einigen Einfluss auf das Markenimage und damit den Uhrenverkauf.
Wenn es solche Rückwirkungen gibt, dann sorgt bereits der Wettbewerb zwischen den Uhrenherstellern (Interbrandwettbewerb) dafür, dass der SAV effizient organisiert wird. Anders gesagt: Die sachliche Rechtfertigung der SAV-Organisation ergibt sich automatisch aus dem Interbrandwettbewerb.
Das Resultat der Vorabklärung wäre also dasselbe gewesen, wenn das WEKO-Sekretariat von einem Systemmarkt (Uhren + SAV) ausgegangen wäre und sich an der nach wie vor richtigen Minolta-Entscheidung orientiert hätte. Das Sekretariat hätte sich zudem die Überlegungen zur Marktbeherrschung – jede Marke ist im Sekundärmarkt SAV selbstredend beherrschend – sparen können, da sich die Verhaltensweisen der Uhrenhersteller im Sekundärmarkt natürlich aus denselben Gründen rechtfertigen (bloss nennt man sie dort legitimate business reasons, nicht Effizienzgründe), wie das Sekretariat auch richtig festgestellt hat.
Im Widerspruch zu dieser Einschätzung stehen indes die Klagen einiger Uhrenbesitzerinnen und -besitzer, wonach die Uhrenhersteller gleich auf teuren Revision bestehen und sich weigern würden, kleinere Reparaturen zu machen. Auch derartige Praktiken wirken sich auf die Reputation einer Marke aus. Vielleicht handelt es sich hierbei ja – statistisch gesehen – um Ausreisser, d.h. seltene Fälle oder ungerechtfertigte Klagen. Falls nicht, müssten die Entscheide überdacht und die Theorie der Realität angepasst werden.