Der teuerste Whopper der Schweiz oder das Problem von Franchise-Systemen mit einheitlicher Preispolitik

Auf Blick-Online wurde heute über die Preisunterschiede zwischen den Burger King-Restaurants in Lyssach und Bern berichtet.

http://www.blick.ch/news/schweiz/bern/der-teuerste-whopper-der-schweiz-id2411652.html

Der Blick moniert, dass die Preise in Lyssach rund 25% teurer sind als in der Berner Innenstadt. Burger King reagiert darauf mit folgendem Statement:

«Die Franchisenehmer in der Schweiz sind als eigenständige Unternehmer selbst für die Preispolitik verantwortlich», bestätigt Burger-King auf Anfrage die Unterschiede. Man stehe aber beratend zur Seite, um möglichst einheitliche Preise zu garantieren.

Kommt das Teilkartellverbot, wären solche Bestrebungen zu einer einheitlichen Preispolitik verboten und mit Sanktionen bedroht! Das Verhalten von Burger King als Franchisegeberin und jenes der Restaurants, die diesen Bestrebungen nachkommen, würden als unzulässige Preisabreden qualifiziert (vertikal zwischen Franchisegeber und Franchisehmern und horizontal zwischen den Betreibern von Burger King Restaurants). Die Auswirkungen der einheitlichen Preispolitik auf die Konsumenten bzw. die Frage, ob die Bestrebungen überhaupt erfolgreich sind und ob die Konsumenten Ausweichmöglichkeiten haben, wären unerheblich. So wäre insbesondere unerheblich, ob neben der Filiale von Burger King in Bern gleich zwei McDonalds-Restaurants stehen oder nicht. Es käme zur Sanktion und zu teuren Verfahren obwohl in keinerlei Hinsicht ein volkswirtschaftliches Problem vorliegen würde (übrigens: nicht nur die Anwälte sind teuer, sondern auch die Behörden).

Burger King und den einzelnen Betreibern der Burger King-Restaurants würde nur noch die sog. Effizienzrechtfertigung mit Beweislastumkehr zur Verfügung stehen. Sie müssten vor der WEKO argumentieren, dass eine einheitliche Preispolitik effizient sei, um gegen Konkurrenten wie McDonalds im Wettbewerb anzutreten. Wetten, dass Burger King mit dieser Argumentation unterliegen würde?


Kommentare

9 Antworten zu „Der teuerste Whopper der Schweiz oder das Problem von Franchise-Systemen mit einheitlicher Preispolitik”.

  1. Avatar von anton corbijn
    anton corbijn

    Etwas schleierhaft die Argumentation. Als Franchisenehmerin steht die Berner Filiale in einem härteren (Preis-) Wettbewerb als die Filiale in Lyssach, welche weit und breit von einem McDonalds und anderen Fast Food Restaurants (mit Ausnahme des IKEA Restaurant) verschont bleibt. Die Einheitlichkeit der Preise kann die Muttergesellschaft nicht durchboxen, da sie die lokalen Wettbewerbsverhältnisse berücksichtigen muss. Zwar hat es für den Kunden gewisse Vorteile, wenn nur ein Preis gilt, da er Suchkosten der Informationsbeschaffung einspart, aber der Kunde wird rational genug sein, die lokalen Wettbewerbsverhältnisse einschätzen zu können. In Zürich zahle ich ja auch nicht den gleichen Mietpreis pro qm wie in Biel. Eine Gleichmacherei erhärtet doch eher den Verdacht, dass genau ein Preis zementieren werden soll, welcher mit einer liberalen Wirtschaftsordnung langfristig nicht vereinbar ist. Daher ist der erste Satz der Stellungnahme von Burger King gewichtiger. Wenn Burger King glaubt, dass ich als Kunde einen Preis schweizweit verlange, wäre es besser das Geschäftsmodell neu zu überdenken.

  2. Avatar von Markus Saurer
    Markus Saurer

    Anton Corbijn scheint mir Daniel Emch etwas „überzuinterpretieren“. Burger King ist jedenfalls in vielfältiger Hinsicht dem Wettbewerb ausgesetzt und muss deshalb ihr Geschäftsmodell selber und uneingeschränkt bestimmen können. Eine KG-Regelung darf auch nicht dazu da sein, um sozusagen einen Akteur vor vermeintlichen strategischen Fehlern zu bewahren.

  3. Avatar von Daniel Emch
    Daniel Emch

    Vielen Dank, Markus. Genau darum geht es mir.

    Es kann aus der Sicht des Franchisegebers sinnvoll sein, die Preise vorzuschreiben, bspw. weil die Konkurrenten auch mit einheitlichen Preisen arbeiten und man mit einer gezielten Preisstrategie auf dem Markt einen Akzent setzen will. Schliesslich ist der Preis einer der vier „P“s im sog. „Marketing-Mix“ (Product, Price, Place, Promotion). Solange Wettbewerb zwischen verschiedenen Unternehmen, Franchisesystemen etc. herrscht, sind solche PReisabreden absolut unproblematisch. Daher gibt es keinen Grund für ein Verbot, auch wenn man im Einzelfall objektiv feststellen könnte, dass die Strategie betriebswirtschaftlich wenig sinnvoll ist. Retailer wie Migros oder Coop müssen dieselbe Frage für sich auch beantworten: Wollen sie einheitliche Preise oder wollen sie an guten oder teuren Standorten (bspw. in Bahnhöfen) höhere Preise verlangen.

  4. Avatar von Markus Saurer
    Markus Saurer

    Ja, genau. Das Ganze erinnert mich etwas an das berühmte Coase-Zitat: [Coase] said he had gotten tired of antitrust because when the prices went up the judges said it was monopoly, when the prices went down they said it was predatory pricing, and when they stayed the same they said it was tacit collusion. Umgemünzt auf Preisabreden zwischen Herstellern und ihren Vertriebskanälen unter einem Teilartellverbot ohne Erheblichkeitsprüfung könnte man mit Coase etwa Folgendes sagen: [Saurer] sagte, er sei der Wettbewerbspolitik überdrüssig geworden. Denn wenn heute die Preise eines Markenprodukts in einem Vertriebssystem koordiniert harmonisiert würden, sei dies ebenso strafbar, wie wenn sie koordiniert differenziert würden.
    Jede Koordination soll mit Strafe bedroht sein – und sei sie noch so prokompetitiv. Die geplante „neue Wettbewerbspolitik“ von Schneider-Ammann und einigen Weko-Proponenten droht den Such- und Entdeckungsprozess und die schöpferische Zerstörung (also in der Tat nichts anderes als den Wettbewerb) auszuschalten. Nur wer sich nicht rührt, riskiert keine Klage mehr. Zum Glück ist die WAK-N auf dem Weg, diese Problematik zu erkennen. Eventuell vereiteln sie Schneider-Ammann und anderen auch die absolute Lachnummer Art. 7a (neu). Wenn nicht, ist es nicht so schlimm, weil es eben eine Lachnummer ist. Aber ein kostspieliger Leerlauf würde es auch werden.

    1. Avatar von Anton Corbijn
      Anton Corbijn

      Wir kommen des Pudels Kern näher. Frage: Was ist für die Berater und Anwälte besser: Das intendierte Verbotsprinzip (Missachtung eines Vorfahrtsschilds wird mit Busse bestraft) oder das gelebte Missbrauchsprinzip (warum die dreimalige Missachtung der Vorfahrt volkswirtschaftlich nicht sinnvoll sein kann)? Bei Ersterem ist der Sachverhalt klar und etwaiige Gutachten werden sich kaum mit der Frage beschäftigen können, warum das Vorfahrtsprinzip sinnlos ist. Das Missbrauchsprinzip überlässt Ökonomen und Anwälte hingegen ein breites Betätigungsfeld, auf dem nach Lust und Laune (und auf Kosten der Konsumenten) gewaibelt werden darf. Der „Markt“ ist kein einfaches physikalisches Gebilde, das den Gesetzen von Newton zu gehorchen vermag, die Komplexität ist enorm, ähnlich der Interaktionen im Strassenverkehr. Dort hat sich das Verbotsprinzip durchgesetzt (so etwas funktioniert dort auch nur, weil es vergleichsweise wenige Verbote gibt, die die meisten Bürger im Rahmen der Fahrerlaubnisprüfung kennen gelernt haben). Warum also es so nicht mit dem Kartellrecht wagen?

  5. Avatar von Daniel Emch
    Daniel Emch

    Leider gibt es im Wettbewerbsrecht keine klaren Verbote. Die Frage, ob eine gewisse Verhaltensweise unter das Teilkartellverbot bzw. die heutigen Vermutungstatbestände fällt, ist oft mit grossen Unsicherheiten verbunden,(vgl. Fälle Nikon, Hors-Liste, Buchhandel Westschweiz, Hörgeräte, ASCOPA etc.). Von daher lässt sich das Teilkartellverbot nicht mit einem Fahrverbot oder anderen Verboten im Strassenverkehrsrecht vergleichen.

    Weiter soll mit dem Teilkartellverbot ja bekanntlich die Effizienzrechtfertigung in den Vordergrund gerückt werden. Die Effizienzrechtfertigung ist – verglichen mit der Erheblichkeitsprüfung – mit noch mehr Unsicherheiten (und daher mit einem erhöhten Beratungsaufwand) verbunden. Fällt die Erheblichkeitsprüfung weg, sind plötzlich Unternehmen im Fokus des KG, die sich vorher nicht um die entsprechenden Regeln kümmern mussten. Daraus ergibt sich, dass der Beratungs- und Complianceaufwand mit dem Teilkartellverbot steigen wird und dass die Anwälte und Berater noch mehr Aufträge kriegen werden.

    Störend ist aber in erster Linie, dass man mit einem solchen Verbot Verhaltensweisen verbietet, die an sich prokompetitiv und effizient wären. So werden bspw. Kooperationsformen untersagt bzw. mit grossen Risiken verknüpft, die es Unternehmen erlauben würden, mit den Marktführern in den Wettbewerb zu treten. Ich denke hier an ARGEs, Franchisesysteme, Einkaufsgemeinschaften, Versicherungspools, Investitionsschutz für Vertriebspartner etc.

  6. Avatar von florianjosef

    Pardon, dass ich mich einmische. Ich finde die Diskussion dahingehend aufschlussreich, als sie erkennen lässt, dass das Thema Wettbewerb eigentlich nicht fassbar ist. Folgerichtig für den klar denkenden Juristen ist deshalb der vorstehende Satz: „Leider gibt es im Wettbewerbsrecht keine klaren Verbote.“ Aber genau das ist für mich der Punkt, weshalb ich ein Gegner des gesetzlichen Kartellverbots bin: Wirtschaftlicher Wettbewerb auf den Märkten lässt sich nicht mit Prinzipien regulieren, nur mit privaten Absprachen der Wettbewerber oder Partner untereinander oder mit vertraglichen Vereinbarungen der Veranstalter von Märkten. Das sind zwar alles Wettbewerbsverzerrungen, aber es gibt eben nur dort keine Verzerrungen, wo es keine Absprachen gibt. Aber wo es keine Absprachen gibt, gibt es auch keine Wirtschaft. Und insofern bin ich auch ein Liberaler, als ich die Vertrags- und Koalitionsfreiheit höher einschätze als das, was man „freien Wettbewerb“ nennt, was erkennbar eine Ideologie ist, weil es den absprachefreien Raum gar nicht gibt.

    1. Avatar von Markus Saurer
      Markus Saurer

      Meines Erachtens gibt es keinen Trade-off zwischen Vertrags- und Koalitionsfreiheit sowie Wettbewerb. Vertrags- und Koalitionsfreiheit ist vielmehr geradezu Grundvoraussetzung für Wettbewerb. Wettbewerb ist ja normalerweise nicht „atomistische Konkurrenz“, sondern sollte überall je nach produktiven und nachfrageseitigen Bedingungen und Möglichkeiten die effizienteste Form annehmen – bis hin zum natürlichen Monopol, falls die Produktion durch eine strikt und global subadditive Kostenfunktion gekennzeichnet ist.
      Das Problem – von Daniel Emch richtig erläutert – eines (Teil-) Kartellverbots (ungeachtet der Erheblichkeit) ist eben gerade, dass es den effizienten Wettbewerb, also den Such- und Entdeckungsprozess der Märkte nach der effizientesten Lösung in sehr vielen Fällen ausschalten würde. Man muss in seiner Haltung gegenüber staatlichen Interventionen keineswegs so „extrem“ sein, wie der anarcho-libertäre Murray N. Rothbard, um dessen Aussage trotzdem viel abgewinnen zu können:

      „The original Sherman Act stressed ‚collusion‘ in ‚restraint of trade‘. Here again, there is nothing anticompetitive per se about a cartel, for there is conceptually no difference between a cartel, a merger, and the formation of a corporation: all consist of the voluntary pooling of assets in one firm to serve the consumers efficiently. If ‚collusion‘ must be stopped, and cartels must be broken up by the government, i.e., if to maintain competition it is necessary that co-operation be destroyed, then the ‚anti-monopolists‘ must advocate the complete prohibition of all corporations and partnerships. Only individually owned firms would then be tolerated. Aside the fact that this compulsory competition and outlawed co-operation is hardly compatible with the ‚free market‘ that many antitrusters profess to advocate, the inefficiency and lower productivity stemming from outlawing of pooled capital would send the economy a good part of the way from civilization to barbarism.“

      (Rothbard, Power Market – Government and the Economy, fourth edition, Ludwig von Mises Institute, Auburn, 2006, pp. 71-72.)
      Oft ist es sehr hilfreich, wie es hier Rothbard tut, sich die Extremwerte einer geplanten Politik vor Augen zu führen. Mit Kartellverboten wird in den allermeisten Fällen nicht der Wettbewerb geschützt, sondern den Akteuren regelrecht verboten, diesen zu führen. Der Wettbewerb besteht eben zu einem wesentlichen Teil darin, die kompetitivste (=effizienteste) Faktorkombination zu suchen, um im Markt weniger kompetitive Faktorkombinationen zu schlagen.

      1. Avatar von florianjosef

        Ich, Florian Josef Hoffmann, darf vorstehend zitieren: „Der Wettbewerb besteht eben zu einem wesentlichen Teil darin, die kompetitivste (=effizienteste) Faktorkombination zu suchen, um im Markt weniger kompetitive Faktorkombinationen zu schlagen.“
        Das ist nicht die Beschreibung von Wettbewerb zur Ermittlung von Gewinnern und Verlierern (also solchen, die weniger Gewinnen), sondern die Beschreibung von Wettkampf zur Ermittlung von Siegern und Besiegten (also solchen, die ganz ausscheiden).
        Im richtigen Wettbewerb bleiben (wie in der Fußball-Liga) die Wettbewerber auch nach dem „Spiel“ erhalten. Sie stacheln sich auf Dauer gegenseitig zu Höchstleistungen hoch (Qualitätswettbewerb). Im Wettkampf hingegen gehen die Geschlagenen vom Feld. Übrig bleibt der Sieger als Monopolist. Der Wettkampf zerstört den Wettbewerb, weil er die Wettbewerber eliminiert.
        Da wir Menschen immer weiterleben wollen (und alle ein Recht darauf haben, weiterzuleben!) und immer eine zweite und dritte Chance verdienen, auch wenn wir nicht der Beste sind, deshalb muss es Kartelle geben, um den Wettbewerb auf Dauer zu erhalten und nicht im Ausscheidungswettbewerb (Wettkampf / KO-System) in lauter Monopolen zu landen.

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