Vor etwa anderthalb Jahren hat Daniel Fässler den Bundesrat in einer Interpellation aufgefordert, die Kraftfahrzeug(KFZ)-Bekanntmachung der WEKO in eine Verordnung zu giessen und die Bekanntmachung damit für verbindlich zu erklären. Der Bundesrat hat dem Ansinnen eine freundliche Absage erteilt und Daniel Fässler unter anderem darauf hingewiesen, dass die Unzulässigkeit der Wettbewerbsbeschränkung im Einzelfall nachzuweisen sei.
Ende September hat Gerhard Pfister mit einer Motion nachgedoppelt. Auch er will aus der Bekanntmachung der WEKO eine Verordnung des Bundesrats machen und meint – wie schon Fässler -, dass der Vollzug der KFZ-Bekanntmachung in der Praxis ungenügend bis inexistent sei. Ins Visier nimmt er insbesondere die Zivilgerichte, denn sie sind nicht „an die KFZ- Bekanntmachung gebunden und ignorieren diese“.
Die Behauptung, dass die Zivilgerichte die KFZ-Bekanntmachung ignorieren würden, hat bereits Daniel Fässler vorgetragen. Sie war auch damals nicht wahr (vgl. meinen Kommentar zu Fässlers Interpellation). Richtig ist, dass die Zivilgerichte diese Bekanntmachung in jedem Fall zu Rate gezogen haben. Trotzdem hatten die Klagen der Garagisten nie Erfolg.
Meines Erachtens liegt dies daran, dass im Automobilhandel intensiver Wettbewerb herrscht und sich die KFZ-Vertriebsregulierung der WEKO nicht rechtfertigen lässt. Selbst dem Autogewerbeverband nahestehende Gutachter kommen zum Schluss, dass kein Hersteller/Generalimporteur über eine marktmächtige oder sogar marktbeherrschende Stellung verfügt. Wie sich eine erhebliche Wettbewerbsbeschränkung ohne Marktmacht herleiten lässt, ist schleierhaft. Das gilt hier auch nach dem Bundesgerichtsentscheid zu Gaba, denn die Verträge zwischen Herstellern/Generalimporteuren und Händlern enthalten keine der in Art. 5 Abs. 3 und 4 KG erfassten und als besonders schädlich geltende Vereinbarungen.
Wenn sich im Automobilhandel keine marktmächtigen Unternehmen finden lassen, dann findet man halt relativ marktmächtige Unternehmen. Das zumindest behaupten die bereits erwähnten Gutachter in einem zweiten Gutachten. Dass ein Autohändler von seinem Autolieferanten abhängig ist, lässt sich immer vortragen, insbesondere wenn man meint, dass „[d]ie wirtschaftliche Abhängigkeit des einzelnen Händlers (…) in der Regel eo ipso aufgrund der Marktstruktur des Kfz-Vertriebs [besteht]“ (S. 38 des Gutachtens). Mit anderen Worten: Weil ein Unternehmen grösser ist als das andere, ist es relativ marktbeherrschend. Eine Wettbewerbsbeschränkung braucht es dazu nicht.
Heute ist nicht klar, ob das Kartellgesetz auch relative Marktbeherrschung erfasst. Wohl nicht, ansonsten müsste sie die sogenannte Fair-Preis-Initiative oder der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats zu dieser Initiative nicht erst einführen. Ist sie aber mal da, dürften nicht nur die Autohersteller relativ marktbeherrschend sein, sondern alle, die es dann noch wagen werden, KMUs in ihrem Vertriebskanal zu beschäftigen. Denn ein KMU, welches sich auf den Vertrieb eines oder weniger Produkte beschränkt, kann dann immer behaupten, es sei vom Hersteller dieser Produkte abhängig.
Gut deshalb, dass der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats relative Marktmacht nur in ganz bestimmten Konstellationen (Abschottungen des Schweizer Markts) gelten lassen will. Trotzdem dürfte „Wehret den Anfängen“ ein guter Rat sein, denn auch der Vorschlag des Bundesrats wird niemandem nützen, sondern nur Kosten verursachen.