Zum Schaden aller

Ich habe eben den interessanten Bericht von Simon Osterwalder über „Fernsehen ohne Grenzen – oder: wie teurer englischer Club-Fussball zum billigen griechischen Exportprodukt für den europäischen Binnenmarkt wurde“ gelesen und möchte die Geschichte hier dazu benützen, um die kontraproduktive Wirkung von Bestimmungen wie in der Motion Birrer-Heimo vorgeschlagen – oder auch solchen, die jetzt ähnlich in Art. 4 Abs. 2 und 7 KG vorgeschlagen werden sollen – zu illustrieren.

Die Football Association Premier League (FAPL) vergibt die Lizenzrechte für die Live-Ausstrahlung der englischen Fussballspiele der ersten Liga nach Gebieten und jeweils für drei Jahre. Diese Rechte werden in einem Ausschreibungsverfahren vergeben. Interessenten sind in der Regel nationale Sendeunternehmen, d.h. die exklusiven Rechte für die Live-Ausstrahlung werden meist national vergeben. Damit die Sendungen nicht ausserhalb des Gebiets, für welches das Sendeunternehmen die Lizenz besitzt, gesehen werden können, sind die Sendungen vom Rechteinhaber zu verschlüsseln.

In Grossbritannien haben Gastwirtschaften damit begonnen, ausländische Decodiereinrichtungen zu verwenden, um billigeren Zugang zu den Spielen der Premier League zu erlangen. Sie kaufen bei einem Händler eine weit günstigere Decodierkarte, über die der Empfang der in Griechenland verfügbaren Kanäle, welche auch die Premier League Spiele senden, möglich ist.

Die FAPL ist gerichtlich gegen dieses Geschäftsgebaren vorgegangen und ist unterlegen. Gemäss Europäischem Gerichtshof verstösst es gegen den freien Dienstleistungsverkehr, die Einfuhr, den Verkauf und die Verwendung ausländischer Decodiereinrichtungen, die den Zugang zu einem kodierten Satellitenrundfunkdienst aus einem anderen EU-Mitgliedstaat ermöglichten, zu untersagen (im vorliegenden Fall gab es sogar eine nationale Bestimmung, welche solche Einfuhren als rechtwidrig erklärte). Zudem seien Exklusivvereinbarungen zwischen einem Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums und einem Sendeunternehmen unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen, falls sie dem Sendeunternehmen die Pflicht auferlegten, keine Decodiervorrichtungen ausserhalb des vom Lizenzvertrag erfassten Gebiets zur Verfügung zu stellen.

Dies alles zum Wohle des EU-Binnenmarktes. Angeblich. Die Realität sieht anders aus.

Wie Osterwalder zu Recht schreibt, wird Konsequenz sein, dass die FAPL den Kreis der Vertragspartner stark beschränkt, um „schmarotzerische Ausbeutung“ zu verhindern, d.h. das Urteil wird fusballinteressierten „non-domestic-residents“ schaden, die fortan keinen oder nur massiv teureren englischen Fussball sehen können. Es sind indes nicht nur die fussballinteressierten „non-domestic-residents“, welche unter dem Urteil zu leiden haben werden, sondern auch die fussballinteressierten „domestic-residents“, denn der FAPL werden zukünftig Einnahmen entgehen, welche nun jene beitragen müssen, welche weiterhin die Live-Übertragungen der Premier League zu sehen kriegen.

Damit bestraft die europäische Rechtsprechung alle Fussballfans, aber auch Kläger und Beklagte, also allesamt, und fördert zudem – im Namen des EU-Binnenmarktes – gerade die Spaltung desselben.

Erinnert diese wahre Geschichte nicht an die Forderung der Motion Birrer-Heimo und all die Anstrengungen zwecks Erzwingens von Parallelimporten (Nikon, BMW etc.), welche letztlich die Gleichbehandlung der Schweizer Haushalte und Unternehmen mit jenen in den EU-Mitgliedstaaten zum Ziel haben? Wie das Ende der Geschichte zeigt, sind solche Versuche nicht nur vergeblich, sondern sie bewirken gerade das Gegenteil des Beabsichtigten und schaden schlussendlich allen.


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