Don Quijote gegen „Hochpreisinsel“

Don Quijote gegen „Hochpreisinsel“

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(Finanz und Wirtschaft, 29. Oktober 2016, S. 3. – Download durch Anklicken des Bildes.)

3 Antworten zu „Don Quijote gegen „Hochpreisinsel“”.

  1. Herr Sauter, Sie tischen uns erneut einen Rundumschlag gegen eine Verschärfung des Kartellgesetzes auf und bemühen die üblichen Ammenmärchen, z.B. dass eine Durchsetzung im Ausland nicht möglich sei. Haben Sie noch nie etwas vom Auswirkungsprinzip im Kartellrecht und vom Lugano-Übereinkommen gehört?

    Sie schreiben von angeblich „strengen KG-Regeln für marktbeherrschende Gesellschaften“ und unterschlagen, dass der Art. 7 des Kartellgesetzes toter Buchstabe ist, weil die Weko kaum je von einer Marktbeherrschung ausgeht. Genau hier setzen die Pa.Iv. Altherr und die Volksinitiative „Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise“ an: Die Schwelle der Marktbeherrschung soll gesenkt werden, so dass die Weko ihre Praxis endlich ändert.

    Relativ marktmächtig ist man nicht schon, wenn die Abnehmer „wirtschaftlich abhängig“ sind, denn dann wären tatsächlich „fast alle“ betroffen, wie Sie behaupten. Nein, relativ marktmächtig ist man nur, wenn die Nachfrager keine ausreichenden und zumutbaren Ausweichmöglichkeiten haben. Das Gesetz käme selbstverständlich nur dann zur Anwendung, wenn der Nachfrager durch die Nichtbelieferung oder die preisliche Diskriminierung im Wettbewerb behindert wird. Und wenn der Anbieter keine sachlichen Rechtfertigungsgründe hat.

    Es geht darum, dass Schweizer KMU und Handelsfirmen dort einkaufen können, wo ihre Konkurrenten es tun, und dass sie nicht weiter gezwungen werden, in der Schweiz Preise zu akzeptieren, die von den abgeschotteten Vertriebssystemen durchgesetzt werden. Haben unsere KMU eine echte Beschaffungsfreiheit, kommen in der Schweiz endlich Wettbewerbspreise zustande.

    Die von Ihnen heraufbeschworene Situation („US-Hersteller wird gezwungen, den Preis für einen Abnehmer in Bern dem Preis eines Abnehmers in Ouagadougou anzupassen“) wird nie eintreffen, denn in Bern kann selbstverständlich jeder verlangen, was er will. Auch in anderen Ländern kann er dies tun. Ist der Anbieter jedoch „relativ marktmächtig“, darf er Nachfrager aus der Schweiz im Ausland nicht abweisen oder diskriminieren. Es geht also um ausländische Preise im Ausland – und nicht um ausländische Preise in der Schweiz!

    Zum Schluss noch ein Beispiel, damit Sie den Ougadougou-Bern-Unsinn nicht weiterhin verbreiten. Ein Maschinenbauer aus dem Emmental benötigt für seine Produkte, die er zu 90 Prozent exportiert, Komponenten aus dem Ausland. Für ein Getriebe, das er in seine Maschinen einbaut und welches ein Drittel seiner Gesamtkosten ausmacht, bezahlt er 50 Prozent mehr als seine Konkurrenten, die vorwiegend in Süddeutschland domiziliert sind. Die Rechnung erhält unser Emmentaler Unternehmer von der Schweizer Niederlassung des Herstellers, die Getriebe selbst werden „ab Werk Stuttgart“ geliefert. Weil er im direkten Wettbewerb mit ausländischen Anbietern steht, kann er nicht mehr mithalten. Sorgt der Gesetzgeber nicht dafür, dass er in Stuttgart zu Stuttgarter Preisen einkaufen darf (oder in der Schweiz zu Wettbewerbspreisen), wird er seinen Betrieb schliessen oder – falls er noch die Kraft hat – ins Ausland verlagern.

    Der Werkplatz Schweiz ist in Gefahr, wenn wir missbräuchliche Preiszuschläge nicht unterbinden.

    Maurus Ebneter
    KMU-Komitee für faire Importpreise
    faire-importpreise.ch

    1. Lieber Herr Ebneter, mein Name ist Saurer.

      Hoffentlich stehen Sie dann später einmal der relativen Marktmacht ebenso positiv gegenüber, wenn es darum geht, Ihre Branche zu regulieren. Ich finde, in unserem Blog stehen mittlerweile genügend wettbewerbsökonomisch und wettbewerbsrechtlich fundierte Argumente gegen Ihre Ansichten. Vermutlich wissen Sie auch nicht, dass wir hier von einer Problematik sprechen, die spätestens seit Ende der 1970-er Jahre diskutiert wird. Ich vertrete hier nicht irgend eine exotische Meinung, sondern die Erkenntnisse und Empfehlungen der modernen Wettbewerbs-Mainstreamtheorie.

      Natürlich werde ich mich weiter dafür einsetzen, dass wir diesen fatalen Fehler (gemäss Initiative und Altherr) im Kartellgesetz nicht begehen. Aber sollten wir es leider dennoch tun, dann werden wir bald einmal sehen, dass es tatsächlich ein fataler Fehler ist.

      Man könnte übrigens auch von Ausland lernen, denn vergleichbare Fehlkonstruktionen im Wettbewerbsrecht hat es immer wieder gegeben – ob in den USA oder in der EU oder in anderen Jurisdiktionen.

      Aber ich danke Ihnen trotz allem für Ihren Kommentar, der unseren Blog belebt.

      Mit besten Grüssen, Markus Saurer

      1. Sehr geehrter Herr Saurer, entschuldigen Sie bitte den Verschreiber bei Ihrem Familiennamen.

        Die Pa.Iv. Altherr und die Fair-Preis-Initiative schaffen keine neue Norm, sondern sorgen dafür, dass der Art. 7 KG endlich angewendet wird. Schauen Sie die Sache doch einmal so an: Wenn mehrere Unternehmen Wettbewerbsabreden treffen, um Einkäufe im Ausland zu unterbinden, wird das in der Regel gestützt auf Art. 5 KG untersagt. Unterbindet hingegen ein Unternehmen allein Einkäufe im Ausland, hat das praktisch nie Konsequenzen.

        Das Konzept der relativen Marktmacht ist in Deutschland seit über vierzig Jahren bekannt und bestens eingeführt. Mehr dazu unter http://www.baizer.ch/aktuell?rID=5012.

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