Die WAK-S hat sich gegen einen Ausbau der Rechtsstaatlichkeit im Kartellrecht ausgesprochen. So will die WAK-S auch künftig kein erstinstanzliches Wettbewerbsgericht schaffen. Weiterhin soll es die für die Unternehmen unheimliche Vermischung zwischen anklagender und urteilender Instanz geben. Heute erhebt de facto das Sekretariat Anklage. Die Unternehmen und deren Anwälte haben nur sehr begrenzt Zugang zur entscheidfällenden Kommission. Die Urteilsberatungen der Kommission finden unter Ausschluss der Unternehmen aber unter Anwesenheit des anklagenden Sekretariats statt. Allfällige Zweifel einzelner Kommissionsmitglieder können ohne Kontrolle der Unternehmensanwälte durch die aktenkundigen Mitarbeiter des Sekretariats relativ einfach ausgeräumt werden. Die Schaffung eines Wettbewerbsgerichts, wie es vom Bundesrat nach Durchführung einer ausführlichen Evaluation vorgeschlagen wurde, wäre eine Chance gewesen, diesen Mangel an Rechtsstaatlichkeit für die Zukunft zu beheben.
Mit der Einführung des Teilkartellverbots soll die Rechtsstaatlichkeit im Kartellrechtsverfahren noch weiter abgebaut werden. Bislang musste die Behörde den Unternehmen nachweisen, dass eine Abrede erheblich bzw. schädlich ist, bevor eine Sanktion (wie bspw. diejenige gegen BMW von über CHF 150 Mio.) ausgesprochen werden konnte. Neu sollen unschädliche bzw. unerhebliche Abreden gebüsst werden können. Die Unternehmen haben einzig die Möglichkeit, die Effizienz der unerheblichen Abrede nachzuweisen. Dafür werden sie auch in der Version der WAK-S die Beweislast tragen müssen. Denn wer die „Folgen der Beweislosigkeit trägt“, trägt die Beweislast. Die gegenteiligen Ausführungen in der Pressemitteilung der WAK-S sind Augenwischerei. Neu sollen also unerhebliche und damit unschädliche Abreden verboten und mit Bussen sanktioniert werden können, wenn es dem betroffenen Unternehmen nicht gelingt, die Effizienz der unschädlichen Abrede zu beweisen. In einem Rechtsstaat müsste aber verlangt werden, dass (i) der Staat nur gerade schädliche Abreden verbieten und sanktionieren kann (Grundsatz der Verhältnismässigkeit) und dass (ii) der Staat die für einen derart starken Eingriff erforderlichen Beweise erbringen muss.