Worte und Taten

„Sanctionner n’est pas un but en soi.“ hat der Weko-Präsident Vincent Martent gemäss l’Agefi vom 21. November 2012 verlauten lassen. Dem kann ich nur zustimmen. Sanktionen sollen vor allem präventiv wirken; so auch die vom Bundesrat dem Parlament unterbreitete Botschaft anlässlich der Einführung direkter Sanktionen (vgl. BBl 2002, 2041).

Jetzt sollte die Weko diese – ihr wohl kaum neue – Erkenntnis nur noch konsequent umsetzen. Zumindest in den so genannten Widerspruchsverfahren ist davon freilich nichts zu merken. Dieses Verfahren soll den Unternehmen ermöglichen, die Weko über ein Vorhaben noch vor dessen Umsetzung zu informieren. Meldet die Weko innert fünf Monaten keinen Widerspruch gegen das Vorhaben an, kann das Unternehmen dafür nicht mehr sanktioniert werden. Die Weko kann das einmal umgesetzte Vorhaben später allerdings nach wie vor untersagen, sollte sich herausstellen, dass es entgegen der ursprünglichen Einschätzung doch gegen Bestimmungen des Kartellgesetzes verstösst.

In ihrer Praxis meldet die Weko regelmässig Widerspruch auch dann an, wenn sie nicht sicher ist, ob ein gemeldetes Vorhaben tatsächlich das Kartellrecht verletzen würde (vgl. anstelle vieler RPW 2008/2, S. 361 ff.). Nicht nur riskiert die Weko damit, auch effiziente Vorhaben zu verhindern („business chilling“), sondern sie verstösst mit dieser Praxis auch gegen den Präventionsgedanken: Präventiv verhindert werden soll doch nur, was im Voraus klar als gesetzeswidrig zu erkennen ist. Gibt es darüber keine Klarheit, dann gibt es keinen Grund, ein Vorhaben präventiv zu verhindern. Das gilt umso mehr, als die Weko über das Vorhaben informiert ist und es jederzeit – auch mittels vorsorglicher Massnahmen – untersagen könnte, falls es sich doch als kartellrechtswidrig erweisen sollte. Das in der Praxis zu beobachtende Verhalten der Weko macht aus einem Mittel zum Zweck eben gerade – und entgegen der richtigen Erkenntnis des Weko-Präsidenten – einen Selbstzweck.

Wenn denn wirklich etwas der Revision bedarf, dann ist es die Bestimmung zum Widerspruchsverfahren (vgl. den hervorragenden Beitrag von Regula Christeler in diesem Blog). Einfacher wäre es natürlich, wenn die Weko ihre Praxis ihren richtigen Erkenntnissen anpassen würde.


Kommentare

2 Antworten zu „Worte und Taten”.

  1. Avatar von Kontraproduktive Handhabung des Widerspruchsverfahrens | Wettbewerbspolitik

    […] nach Artikel 49a Absatz 3 lit. a KG aufmerksam zu machen (vgl. auch hier und hier). Gemäss Pressemitteilung hat die Wettbewerbskommission auf Initiative der Gaswirtschaft eine […]

  2. Avatar von Ein Verfahren aus dem Elfenbeinturm: lose – lose anstatt win – win | Wettbewerbspolitik

    […] reale Wirtschaft interessiert offensichtlich wenig. Das kann (wieder und wieder und wieder) am Widerspruchsverfahren in Artikel 49a Absatz 3 Bst. a KG gezeigt werden. Dem Bundesrat ist klar, […]

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