Internationale Preisdifferenzierung, Polen … und mehr

Daniel Emch hat hier zu Recht geschrieben, dass die Hochpreisinsel Schweiz nicht massgeblich durch ausländische Konzerne verursacht ist (https://wettbewerbspolitik.org/2016/12/21/hochpreisinsel-ist-nicht-durch-auslaendische-konzerne-verursacht/ ). Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik sprechen diesbezüglich seit Jahren eine klare Sprache.

Die WEKO hat freilich eben einen ausländischen Konzern bei internationaler Preisdifferenzierung erwischt und gebüsst (https://www.weko.admin.ch/weko/de/home/aktuell/medieninformationen/nsb-news.msg-id-65020.html ). Der australische Eflare Konzern hat Warnblitzleuchten in Polen günstiger angeboten als in der Schweiz und den Parallelimport von solchen Leuchten aus Polen in die Schweiz unterbunden. Diese internationale Preisdifferenzierung ist zwar höchstwahrscheinlich insgesamt, d.h. wenn man auch die Auswirkungen in Polen miteinbezieht, effizient. Da die Kaufkraft der Poleninnen und Polen viel geringer als jene der Schweizerinnen und Schweizer ist, würden in Polen viel weniger Warnblitzleuchten abgesetzt, wenn da die Preise ebenso hoch wären wie in der Schweiz. Also hat die Preisdifferenzierung zu einer Mengenausweitung geführt und so insgesamt die Gesamtwohlfahrt – also jene in Polen und in der Schweiz – erhöht.

Wird davon ausgegangen, dass Eflare Polen zu denselben Preisen weiterbedienen und in Zukunft Parallelimporte zulassen oder aber die Preise in der Schweiz so senken wird, dass sich Parallelimporte nicht mehr lohnen, dann werden sich die Schweizerinnen und Schweizer besser stellen. Für die Poleninnen und Polen wird sich in diesem Fall nichts ändern. Die internationale Preisdifferenzierung wäre also doch nicht effizient gewesen. Möglich ist allerdings auch, dass Eflare die Preise in Polen gegen oben anpassen und die Schweizer Preise unverändert belassen wird, so dass sich Parallelimporte auch nicht mehr lohnen. Dann zahlt Polen für die Intervention der WEKO die Zeche. Im für Polen schlimmsten Fall wird sich Eflare ganz aus Polen zurückziehen. In beiden Fällen wird die Schweiz keinen Gewinn aus der WEKO-Intervention erfahren. Produktdifferenzierung  ist auch denkbar; bei Warnblitzleuchten scheint mir das indes wenig wahrscheinlich, aber man weiss ja nie. Produktdifferenzierung verursacht Kosten. Das wäre also auch ein Verschlechterung der Wohlfahrtssituation.*

Aufgrund der Rechtslage ist gegen den Eingriff der WEKO wohl nichts einzuwenden, selbst wenn er für Polen zu einer Verschlechterung der Situation führen wird (was kümmern uns…). Für eine nächste Gesetzesrevision – die kommt bestimmt – und für die Argumentation gegen die Initiative, welche sich irreführend „Fair-Preis-Initiative“ nennt, wäre es wichtig zu wissen, was Eflare nun tun wird. In etwa einem Jahr müsste eine so genannte Ex post Evaluation der WEKO-Intervention durchgeführt werden. Denn wenn der Eingriff für die Schweiz keine positiven Auswirkungen hat, sollte man solche Eingriffe in Zukunft unterlassen. Aber auch dann, wenn die Schweiz zwar profitiert, aber Polen leidet, müsste man sich Gedanken machen. Solche Evaluationen müssten natürlich auch in anderen Fällen gemacht werden: Gaba/Gebro, BMW, Nikon etc.

Die WEKO hat übrigens eben mehrere Banken wegen horizontaler – ich nehme an – Preisabsprachen gebüsst (vgl. z.B. https://www.weko.admin.ch/weko/de/home/aktuell/medieninformationen/nsb-news.msg-id-65052.html ). Das scheint mir begrüssenswert, sind doch horizontale Preiskartelle in aller Regel schädlich. Ex post Evaluationen könnten auch da gemacht werden; die sind meines Erachtens aber weniger dringlich.

Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht vor einigen Tagen ein Urteil im Fall Starticket gegen Ticketcorner gefällt (http://www.bvger.ch/index.html?lang=de&download=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCDdYF3fGym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A– ). Darin breitet es den Fall auf 170 Seiten aus und weist die Sache zur Neubeurteilung an die WEKO zurück. Der Fall war schon mal bei der WEKO und ging danach bis zum Bundesgericht hinauf, das den Fall zur Neubeurteilung an das Bundesverwaltungsgericht zurückwies, was letzteres nun getan hat. Auch hier könnte eine Art Ex post Evaluation gemacht werden. Es könnte berechnet werden, um welche Summe es in dem Fall in etwa geht (in welchen Ausmass waren die Kommissionen beim Ticketing wegen der möglicherweise unzulässigen Verhaltensweisen überhöht?) und wie hoch die Verfahrenskosten waren.

*Der Einfachheit halber wird die Veränderung der Produzentenrente hier aussen vor gelassen.


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