Bundesverwaltungsgericht bestätigt Busse gegen BMW

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Busse gegen BMW bestätigt und sich zur umstrittenen Frage der Erheblickeit geäussert.

http://www.bvger.ch/index.html?lang=de&download=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCDdYB3gWym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A–

Der „strenge“ Ansatz aus dem Fall Gaba/Gebro wurde bestätigt. Sog. absolute Gebietsschutzklauseln (Verbot aktiver und passiver Verkäufe in ein Territorium) würden zu den kartellrechtlich schädlichsten Abreden gehören. Der Gesetzgeber statuiere eine Vermutung der Wettbewerbsbeseitigung. A maiore ad minus sei davon auszugehen, dass solche Abreden sich erheblich auf den Wettbewerb auswirken würden.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass die Form einer Abrede die Schädlichkeit nicht indiziert. Damit ein Kartell oder ein vertikales Vertriebssystem tatsächlich schädlich oder eben erheblich sind, braucht es mehr als die Zuordnung einer Klausel zu einer bestimmten Abredekategorie. Auch Abreden, die nicht unter einen Vermutungstatbestand fallen, können schädlich sein. Umgekehrt können Abreden, welche unter einen Vermutungstatbestand fallen, unbedeutend bzw. unerheblich sein, weil bspw. die daran beteiligten Unternehmen auf dem relevanten Markt kein Gewicht haben.

Die strenge Auslegung sei geboten, weil die Schweiz aufgrund der Nicht-EU-Mitgliedschaft besonderes anfällig für Gebietsabschottungen sei. Der Gesetztgeber habe hier einen „bewussten Policy-Entscheid“ getroffen.

Auch bei den horizontalen Abreden gibt es Vermutungstatbestände. Das Bundesgericht hat im Bücherfall eine weniger explizite Haltung vertreten als nun das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen BMW und Gaba/Gebro. Hier besteht ein gewisser Widerspruch zur Praxis des Bundesgerichts.

Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts beschränken sich auf Gebietsabschottungen. Interessant wäre, ob das Gericht bei vertikalen Preisabreden, für die es auch einen Vermutungstatbestand gibt, gleich entscheiden würde. Liegt auch hier ein bewusster Policy-Entscheid vor, der Erheblichkeitsüberlegungen überflüssig macht?

Es muss auch das nichtgewordene Recht berücksichtigt werden, um die geltenden Regeln zu verstehen. Im Ergebnis hat das Bundesverwaltungsgericht auf dem Rechtsprechungsweg ein Teilkartellverbot (mit Effizienzrechtfertigungsmöglichkeit) für absolute Gebietsabschottungen gemäss Art. 5 Abs. 4 KG eingeführt. Was den expliziten Policy-Entscheid anbetrifft, wäre zu berücksichtigen gewesen, dass diverse Vertreter des Nationalrats beim Nichteintretensentscheid zur KG-Revision einen „bewussten Policy-Entscheid“ gegen ein solches Teilkartellverbot zum Ausdruck gebracht haben. Die entsprechenden Wortprotokolle des Nationalrates hätte das Bundesverwaltungsgericht genauso berücksichtigen müssen, wie die Zitate von Strahm, Schiesser und Büttiker aus der Revision 2003.

Lesen Sie auch den Beitrag von Prof. Peter Hettich:
Klärungen im Kartellrecht durch BMW?


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