Lesen Sie die treffende Kolumne von Benedikt Koch im Baublatt vom 19. April 2013.
Diese Kolumne kann ergänzt werden mit einem
Auszug aus dem Wortprotokoll der Ständeratsdebatte vom 23. März 2013 zur KG-Revision
SR Stadler: […] So ist eine Arbeitsgemeinschaft kartellrechtlich unbedenklich, wenn die daran beteiligten Unternehmen alleine nicht in der Lage wären, die Aufträge durchzuführen, bzw. wenn es betriebswirtschaftlich gesehen nicht vernünftig wäre.
SR Graber: […] Es gibt neben den Arbeitsgemeinschaften, die in der unterschiedlichen Spezialisierung der beteiligten Firmen ihre Begründung finden, auch solche, die auf die Reduktion der Zahl von Konkurrenten zielen und sich somit gegen den Wettbewerb richten.
BR Schneider-Ammann: […] Arbeitsgemeinschaften zwischen Firmen aus ein und demselben Wirtschaftszweig sind […] zulässig, wenn erst durch das Zusammengehen der Firmen die Möglichkeit geschaffen wird, ein Angebot einzubringen. […] Unzulässig ist es, wenn drei führende Unternehmungen auf einem bestimmten Platz ein Konsortium bilden, obwohl jede einzelne Unternehmung für sich in der Lage wäre, ein Angebot abzugeben. Arbeitsgemeinschaften sind also nicht a priori kartellverdächtig. Selbstverständlich wird auch mit dem neuen Recht sehr sorgfältig und differenziert vorgegangen werden.
Kommentar von Markus Saurer
Diese Voten dreier Befürworter des Teilkartellverbots beziehen sich auf die Effizienzrechtfertigung von Wettbewerbsabreden in der Form gemeinsamer Angebote (Arbeitsgemeinschaften, Bietergmeinschaften) – ob sich die Votanten dieses Umstands bewusst sind, ist jedoch zumindest fraglich. In welcher Verfahrensphase des Vollzugs beispielsweise BR Schneider-Ammann sorgfältig und v.a. differenziert vorgehen will, ist schleierhaft. Denkt der Bundesrat eventuell schon jetzt an 1001 Ausnahmen im Rahmen von Verordnungen und Bekanntmachungen?
Die unterschiedlich skizzierten „unbedenklichen“ gemeinsamen Angebote sind jedenfalls nicht a priori vom Teilkartellverbot freigestellt, sondern bleiben zunächst auch bei offensichtlicher Unerheblichkeit verboten! (Das Kriterium der Erheblichkeit entfällt mit dem Teilkartellverbot.) Nur wenn die Abredepartner im Rahmen einer Effizienzrechtfertigung beweisen, dass sie etwa im Sinne von SR Stadler nicht allein nicht in der Lage wären, die Aufträge durchzuführen bzw. dies betriebswirtschaftlich nicht vernünftig wäre, könnte ihre Abrede gewissermassen ad hoc freigestellt werden. Bei SR Graber würde diese Effizienzverteidigung wahrscheinlich nur durch den Nachweis einer genügend unterschiedlichen Spezialisierung der Partner – was immer dies auch heissen könnte – gelingen. Auch bei BR Schneider-Ammann müsste die Kooperation zwingend nötig sein, um ein Angebot einreichen zu können, führende Unternehmen düften aber nicht daran beteiligt sein.
Die Massstäbe dieser Effizienzrechtfertigung müssten wohl noch definiert und geeicht werden. Doch das noch grössere Problem stellt sich mit dem Ablauf: Wird ein Autobahnteilstück zur Vergabe ausgeschrieben, dann sind für die potenziellen Offerenten Einzelangebote (gibt es das in praxi bei grossen, vielfältigen Bauwerken überhaupt?) a priori zulässig und alle Bietergemeinschaften a priori unzulässig. Muss nun jede Bietergemeinschaft mit ihrem Angebot auch gleich ihre Effizienzrechtfertigung einreichen? Und muss nun bei jeder Ausschreibung die WEKO zumindest zu einer Grobkontrolle beigezogen werden. Welche Rolle spielt dabei die Vergabestelle?
Es ist gut, dass die WAK des Nationalrats vorerst einen Marschhalt einlegt und weitere Abklärungen vornimmt….