Prof. Franz Jaeger, Thomas Höppli und Jan Koller haben eine Studie zum Schweizer Kreditkartenmarkt verfasst. Darauf basierend, legt Jaeger in einem NZZ-Beitrag dar, dass die Wettbewerbskommission (Weko) ohne wissenschaftlich nachgewiesene Notwendigkeit regulierend auf diesen Markt Einfluss nimmt. Damit vertrete sie nicht die Interessen des wirksamen Wettbewerbs, sondern einseitig diejenigen der Händler. Die volkswirtschaftlich optimale Gebühr (Interchange-Fee), die sich im unregulierten Wettbewerb der Zahlungssysteme ergäbe, würde gemäss Studie höher ausfallen als die heute von der Weko regulierte Gebühr. Die Weko verkenne den durchaus wirksamen Systemwettbewerb, wie Prof. Jaeger auf Nachfrage besonders betont.
>>Beitrag von Jaeger: „Der Kreditkartenmarkt im Visier der Wettbewerbskommission“
(NZZ, 10. 1. 2012, S. 21)
August Harder, Leiter Informatik und Produktion von Coop sowie Präsident des Verbands Elektronischer Zahlungsverkehr (VEZ), in welchem die Vertreter des Handels, des öffentlichen Verkehrs und weiterer Dienstleister zusammengefunden haben, tritt Jaeger vehement entgegen: Die Struktur des Kreditkartenmarktes mit einem Oligopol von Herausgebern und einem Duopol von Mastercard und Visa berge marktwidrige Tendenzen in sich. Es brauche deshalb nicht weniger, sondern mehr Regulierung durch die Weko. Harder wirft Jaeger vor, seine Ideen seien offensichtlich durch die Interessen seiner Auftraggeber auf Seiten der Kartenherausgeber inspiriert worden.
>>Replik von Harder: „Kreditkartenmarkt im Schwitzkasten“
(NZZ, 30. 1. 2012, S. 15)
Persönliche Anmerkung
Aufgrund der industrieökonomischen Theorie und Empirie dürften Jaeger et al. den wettbewerbsökonomischen Fakten durchaus sehr nahe kommen – unabhängig davon, wer die Auftraggeber ihrer Arbeiten sind. Harder ist nicht vorzuwerfen, dass er sich für die Interessen der Händler einsetzt. Das gehört zum Regulatory Game. Allerdings müsste Harder seine Position ebenso mit industrieökonomischen Argumenten untermauern, wie dies Jaeger tut. Ein Hinweis auf die Auftgraggeber einer Studie ist jedenfalls kein valables Argument. Leider ist die wissenschaftliche Streitkultur hierzulande in der Tat etwas unterentwickelt. Auch die Weko setzt sich oft zu wenig mit den Argumenten der Parteien auseinander, wie anhand zahlreicher Entscheide der Rekursbehörden gezeigt werden kann.