Hör ich richtig?

Mit Zwischenbericht vom 17. Februar 2011 hat das Sekretariat der Wettbewerbskommission – zusammen mit einem Mitglied des Präsidiums – befunden, dass es im Markt für Hörgeräte Anhaltspunkte für unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen gibt.

Auf dem Weg dorthin hat das Sekretariat festgestellt (Rz. 95), dass „tatsächlich insbesondere Preis- und Rabattwettbewerb zwischen den Hörgeräteherstellern besteht.“ Es gibt somit Interbrandwettbewerb.

Gleichzeitig kommt das Sekretariat zum Schluss (Rz. 136), dass die von den Herstellern abgegebenen Verkaufspreisempfehlungen „die Beschränkung des Intrabrand-Preiswettbewerbs auf Endabnehmerstufe bezweckt und eine solche Beschränkung möglicherweise auch tatsächlich bewirkt“ hat. Dafür sprächen die Tatsachen, dass a) die Hersteller solche Empfehlungen abgegeben hätten und b) diese von einem bedeutenden Teil der Akustiker befolgt worden seien. Zudem seien die Empfehlungen nicht explizit als unverbindlich bezeichnet worden, womit es am Kriterium der Unverbindlichkeit fehle (Rz. 135).

Das Sekretariat befand danach, dass der Wettbewerb zwar nicht beseitigt sei – wie das Gesetz bei Preisbindungen nach Art. 5 Abs. 4 KG vermutet -, dass es aber Anzeichen für eine erhebliche Beschränkung des Wettbewerbs gäbe, denn die Beeinträchtigung sei – obzwar qualititativ nicht schwerwiegend – so doch quantitativ schwerwiegend (Rz. 164).

Preisempfehlungen seien dann als qualitativ schwerwiegend zu betrachten, wenn sie sich infolge der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen wie Fest- oder Mindestpreise auswirken würden (Rz. 159). Für solchen Druck oder solche Anreize gäbe es indessen keine Hinweise. Somit handele es sich bei der (allfälligen) Wettbewerbsabrede nicht um qualitativ schwerwiegende Abreden (Rz. 160). Wie die Abrede tatsächlich wirkt, spielt bei der Frage der „qualitativ erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs“ offenbar keine Rolle.

Quantitativ wirkt sich die Abrede indessen schwerwiegend auf den Wettbewerb aus, denn sämtliche Hersteller hätten Preisempfehlungen herausgegeben und diese seien in über 65% der Fälle eingehalten worden (Rz. 164; hatten wir das beim Abredetatbestand nicht schon mal?). Weil somit alle Hersteller solche Preisempfehlungen herausgaben – die zwar völlig unterschiedlich waren, denn wie erwähnt herrscht Interbrand-Wettbewerb -, und diese von Hersteller zu Hersteller völlig unterschiedlichen Empfehlungen von 2/3 der Akustiker eingehalten wurden, wirkt sich das quantitativ schwerwiegend auf den Wettbewerb im Hörgerätemarkt aus.

Es gäbe zudem keine Rechtfertigung aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz (Art. 5 Abs. 2 KG). Die Parteien hätten sich dazu nicht geäussert und solche Gründe seien prima vista auch nicht ersichtlich (Rz. 173). Also: Nicht gefragt -> nicht bekannt -> nicht gerechtfertigt.

Die Vorabklärung wird nun weitergeführt, denn es gilt zu beobachten wie sich die Änderungen gewisser Rahmenbedingungen auf den Wettbewerb auswirken werden. Unter anderem müssen die Tarifverträge keine empfohlenen Verkaufspreise für zuzahlungspflichtige Hörgeräte mehr enthalten. Die Akustiker hätten sich dabei gegen das Bundesamt für Sozialversicherung durchgesetzt (Rz. 176). Staatliche Stellen forderten somit Preisempfehlungen. Andere staatlichen Stellen wollen Private, welche diese staatlich veranlassten Preisempfehlungen (teilweise) befolgt haben, unter Umständen mit Sanktionen belegen.


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