Akt 1: Vorhang auf
Ein Unternehmer hat eine Idee: Ich gründe eine Onlinebuchhandlung. Dazu braucht es eine Internetplattform, Software und natürlich etwas Kapital, also Risiko.
Das riskante Unterfangen gelingt: Die Onlinebuchhandlung wird ein Erfolg.
Vorhang zu. Applaus.
Akt 2: Vorhang auf
Ermutigt von seinem ersten Erfolg, investiert der Unternehmer in neue Abenteuer. Er verkauft nun nicht mehr nur Bücher online, sondern alles mögliche wie Filme, Kosmetika, Babypuder, Pullover, Lampen, Wein und so weiter.
Das braucht viel Computerpower. Weil er auch darin massiv investiert, kann er seine Plattform Dritten zur Verfügung stellen. Damit diese Dritte seine Plattform benützen können, bezahlen sie eine Kommission auf der abgesetzten Ware.
Alles gelingt. Der Unternehmer und die Dritten machen gute Geschäfte und sind zufrieden.
Vorhang zu. Applaus.
Akt 3: Vorhang auf
Die Idee des Unternehmers bewährt sich weiter. Seine Internetplattform wird gross und grösser und damit ein wichtiger Absatzkanal auch für die Dritten.
Die Dritten beginnen über die Kommission zu murren. Auch merkt der Unternehmer, welche Produkte der Dritten Erfolg haben und beginnt, Konkurrenzprodukte zu vertreiben.
Die Dritten klagen bei den Wettbewerbsbehörden darüber, dass der Unternehmer Informationen über Produkte, welche sie auf der Plattform des Unternehmers vertreiben, benützen würde, um eigene Angebote zu machen und seine eigenen Angebote generell besser behandeln würde als ihre Angebote.
Der Unternehmer und die Dritten machen immer noch gute Geschäfte, sind aber weniger zufrieden.
Vorhang zu. Gemurmel.
Akt 4. Vorhang auf
Die Behörde untersucht und überlegt. Was könnte dem Unternehmer vorgeworfen werden?
- Darf er Informationen, die er hat, weil Dritte seine Plattform nutzen, zu seinem Vorteil verwenden? Mit anderen Worten: Wäre der Wettbewerb mehr/weniger/gleich beschränkt, wenn der Unternehmer diese Daten nicht zu seinem Vorteil verwenden würde? Kontrafakt 1
- Oder halt! Muss er Dritte überhaupt auf seiner Plattform zulassen? Was wäre, wenn der Unternehmer sich entschieden hätte, Dritte gar nicht auf seiner Plattform zuzulassen? Kontrafakt 2
Kontrafakt 1 bedingt eine Verpflichtung des Unternehmers, Dritten Zugang zu seiner Plattform zu gewähren. Mit einer solchen Pflicht geht selbstredend auch eine behördliche Überprüfung der Zugangsbedingungen einher.
Stimme aus dem Off: Ist Kontrafakt 1 nicht sogar Geschichtsfälschung? Ein Urteil kann doch nicht bloss aufgrund eines Geschichtsausschnitts gefällt werden.
Auftritt potenzielle Unternehmer: Wie vermeide ich es, so gross und erfolgreich zu werden, dass ich meinen Erfolg mit Dritten teilen muss?
Vorhang zu. Schweigen