Das Bundesverwaltungsgericht hatte mit Entscheiden vom 3. Dezember 2013 die Verfügung der WEKO gegen die drei Hersteller von Potenzmitteln und Herausgeber von Preisempfehlungen sowie gegen andere Parteien mit der Begründung aufgehoben, dass das Kartellgesetz auf den zu beurteilenden Sachverhalt gar keine Anwendung finde. Es hielt fest, dass das heilmittelrechtliche Werbeverbot und der sog. „Schamfaktor“ einen Preiswettbewerb ausschliessen würden und dass daher kein Raum für die Anwendbarkeit des Kartellgesetz bestünde.
Das Bundesgericht hat diese Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts nun aufgehoben und die Fälle zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen (vgl. etwa Urteil 2C_80/2014 vom 28. Januar 2015). Die Urteile des BGer beschäftigen sich vorwiegend mit der Auslegung von Art. 3 Abs. 1 KG.
Das Bundesgericht hielt fest:
„Im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 KG sind normtheoretisch zwei Arten von Normen zu unterscheiden: zum einen Normen, welche den gleichen Sachverhalt unter gleichen Gesichtspunkten unterschiedlich beurteilen; es liegt eine klassische Normkollision vor; zum anderen Normen, welche einen Sachverhalt nach unterschiedlichen Gesichtspunkten regeln, d.h. Rechtsfolgen an unterschiedliche Tatbestandsmerkmale anknüpfen oder unterschiedliche Ziele verfolgen; es liegt eine positive oder kumulative Normenkonkurrenz bzw. Normenkumulation vor […]. Da nur wettbewerbsmodifizierende Normen in Konflikt mit dem KG kommen können, muss nur zwischen diesen eine Lösung gefunden werden. Nicht wettbewerbsrechtliche Regelungen, welche zum KG hinzutreten, stellen keine […] Kategorie der in Art. 3 Abs. 1 KG vorbehaltenen Vorschriften dar, sondern sind Normen, welche parallel zum KG anwendbar sind und auch vollumfängliche Anwendbarkeit zwecks Erfüllung ihres Verfassungsauftrags (z.B. Gesundheitsschutz) erheischen. Auch wenn parallel anwendbare Normen nicht vorbehalten sind, ist es theoretisch nicht ausgeschlossen, dass diese „wettbewerbshindernd“ sein können. Allerdings bilden die parallel anwendbaren Normen in der Regel die Rahmenordnung, innerhalb derer Wettbewerb stattzufinden hat. In jedem Fall wird die parallele Ordnung nicht vorbehalten; diese und das KG sind beide anwendbar und im Einzelfall ist zu prüfen, inwiefern beide Rechtsnormen bei der Anwendung verwirklicht werden können (dazu Seiler, a.a.O., N. 14 petit ad Art. 3).“
Dies bedeutet, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften, welche den Wettbewerb zwar einschränken, aber nicht aus wettbewerbspolitischen Überlegungen erlassen worden sind, die Anwendbarkeit des Kartellgesetzes nicht ausschliessen. Sie sind aber sehr wohl als Rahmenordnung bei der materiellen Anwendung des Kartellgesetzes und bei der Analyse der Wettbewerbsverhältnisse des relevanten Marktes zu berücksichtigen.
Wir dürfen gespannt darauf sein, wie das Bundesverwaltungsgericht mit diesem „Auftrag“ des Bundesgerichts umgehen wird.
Gegen die Verfügung der WEKO hat sich übrigens auch eine Apotheke gewehrt. Auf die Beschwerde der Apotheke ist das Bundesverwaltungsgericht mangels Beschwer („schutzwürdiges Interesse“) nicht eingetreten, weil die WEKO die Apotheken aus „praktischen Gründen“ weder sanktioniert noch mit Verfahrenskosten belegt hat. Das Bundesgericht hat die entsprechende Beschwerde der Apotheke gegen den Nichteintretensentscheid des Bundesververwaltungsgerichts nun gutgeheissen (Urteil 2C_73/2014) und die Beschwerdelegitimation der Apotheke bzw. des Geschäftsinhabers bejaht:
„Die verfügte Feststellung des gesetzeswidrigen Verhaltens des Beschwerdeführers – auch wenn sie unzulässig wäre (vgl. BGE 137 II 199 E. 6.5.3 S. 220; vgl. 2C_484/2010 vom 29. Juni 2012 E. 14, nicht publ. in: BGE 139 I 72) – steht im Raum; würde der Beschwerdeführer ihr künftig zuwiderhandeln, unterläge er gestützt auf Art. 49a, 50 und 54 KG der Sanktionierung. Der praktische, wenigstens tatsächliche Nutzen des Beschwerdeführers aus einer allfälligen Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids liegt darin, dass die Feststellung der Kartellrechtswidrigkeit verschwindet, indem entweder deren isolierte Feststellung als bundesrechtswidrig (BGE 137 II 199 E. 6.5.3 S. 220; vgl. 2C_484/2010 vom 29. Juni 2012 E. 14, nicht publ. in: BGE 139 I 72) oder die Beachtung der Publikumspreisempfehlung als zulässig und als nicht kartellrechtswidrig bezeichnet wird.“