Unser Wohlstand fusst auf wirtschaftlicher Freiheit​

Unser Wohlstand fusst auf wirtschaftlicher Freiheit​
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Rudolf Minsch und Guido Saurer

schreiben in einem Artikel von Economiesuisse am 27. Mai 2025:

„Die Schweiz weist im internationalen Vergleich ein hohes Wohlstandsniveau und einen hohen Grad an wirtschaftlicher Freiheit auf. Auf der Wohlstandsseite steht ein Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf, das zu den höchsten der Welt gehört. Auf der Freiheitsseite steht der zweithöchste Wert im Index of Economic Freedom der Heritage Foundation. Dass die Schweiz auf beiden Seiten stark ist, ist erfreulich, aber nicht überraschend. Schliesslich besteht ein positiver Zusammenhang zwischen Freiheit und Wohlstand.“

Und zum Schluss ihres Beitrags, den Sie hier lesen können:

„Die Einengung der wirtschaftlichen Freiheit in der Schweiz erfolgt schleichend. Hier eine Gesetzesverschärfung, dort eine neue Regulierung. Immer mit einem scheinbar guten Grund, ein Partikularziel zu erreichen. Doch der Kollateralschaden wird nicht berücksichtigt, weil sich die negativen Auswirkungen einer Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit erst sehr viel später zeigen. Wenn dieser Tendenz nicht sofort Einhalt geboten wird, droht genauso schleichend ein Verlust an Wohlstand; zulasten der künftigen Generationen. Die Schweizer Politik sollte erstens endlich den Wake-up-Call der Wirtschaft zur Kenntnis nehmen. Und zweitens müssen sie auch endlich danach handeln; zugunsten der künftigen Generationen.“


Kommentar/Ergänzung

Ein m.E. grösseres Problem, als man gemeinhin denkt, ist in diesem Zusammenhang die aktuell übergriffige Wettbewerbspolitik (zum Glück scheint das Economiesuisse auch erkannt zu haben (vgl. Wichtiges Signal des Bundesgerichts für den Gesetzgeber | economiesuisse).

Hotelplan-Dertour

Nehmen wir als neues Beispiel nur die vertiefte Prüfung des laufenden Deals in der Reisebranche, den Verkauf von Hotelplan an Dertour: Die WEKO grenzt den Markt so eng ein, dass sie zwingend auf die Schaffung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung schliessen muss, durch die der wirksame Wettbewerb beseitigt wird. Doch in Tat und Wahrheit findet der hier relevante wirksame Wettbewerb in der Reisebranche in einem viel weiteren Markt oder in einer Vielzahl von Teilmärkten statt und wird durch den fraglichen Deal kaum erheblich tangiert, geschweige denn beseitigt. Überprüfen Sie selber: Standen Ihnen zur Umsetzung ihrer Reisepläne in letzter Zeit nur noch Hotelplan oder Unternehmen der Dertour-Gruppe zur Verfügung? Wohl kaum!

Wenn die WEKO in diesen Deal eingreift – und das wird sie wohl in irgend einer Form tun, damit ihre vertiefte Prüfung nicht als Misserfolg gesehen wird – dann verhindert sie die Stärkung von Dertour gegen viele andere Anbieter, zumal gegen die immer stärker werdenden Internetplattformen. Zu den Reisemärkten – national wie international – existieren keine nennenswerten Marktzutrittsschranken (kaum versunkene Kosten), diese Märkte sind – oder der „Gesamtmarkt“ ist – offensichtlich in jeder Hinsicht angreifbar (contestable). Behörden, die hier eingreifen, schützen nicht den Wettbewerb, sondern regulieren ihn. Sie schützen schwächere, relativ ineffizientere Wettbewerber und beeinträchtigen damit den Wettbewerb sogar.

Mit SIEC droht noch stärkere Überregulierung

Die Einführung des SIEC-Tests* im Rahmen der laufenden Kartellgesetz-Teilrevision ist nicht umstritten und lässt sich nicht vermeiden. Diese Herabsetzung der Interventionshürde in der Fusionskontrolle von „Marktbeherrschung und Wettbewerbsbeseitigung“ auf „Marktmacht und erhebliche Beeinträchtigung“ wäre auch nicht weiter schlimm, wenn die Behörden ökonomisch einen guten Job machen würden. Doch die Fusionen stossen in der Öffentlichkeit und bei der Politik grundsätzlich auf Ablehnung. Alle meinen, weniger Anbieter in einem Markt zu haben sei schlechter als mehr. Alle verabscheuen Entlassungen, obwohl durch diese meistens die Effizienz gesteigert wird (Reallokation von knappen Fachkräften!).

Diese negative Haltung überträgt sich auf die WEKO. Das sieht man schon im an sich klar unproblematischen Fall Hotelplan-Dertour. Künftig dürften wir mit dem SIEC in fast jedem Deal, der gemeldet werden muss, WEKO-Interventionen und Auflagen sehen. Politik und Öffentlichkeit werden eine Wirkung der niedrigeren Interventionshürden sehen wollen, und die WEKO wird sich darum weniger um die Ökonomie und mehr um die Erfüllung dieses unreflektierten Willens kümmern.

Wir müssen schon aufpassen, dass das KG und der KG-Vollzug nicht immer mehr zur Regulierung verkommt. Staatlich gelenkter Wettbewerb statt Missbrauchskontrolle! Umso wichtiger und dringlicher ist nun die Reorganisation der Wettbewerbsbehörden geworden.


* Der SIEC-Test (Significant Impediment of Effective Competition) ist ein Kriterium in der europäischen Fusionskontrolle, das seit der Reform der EU-Fusionskontrollverordnung im Jahr 2004 angewendet wird. Er dient dazu, Zusammenschlüsse von Unternehmen zu prüfen und festzustellen, ob sie den Wettbewerb erheblich beeinträchtigen könnten.

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